ternäre Schnellzemente vs. Estriche mit Zusatzmittel
Können Zusatzmittel zur Trocknungsbeschleunigung bei Zementestrichen gegenüber ternären Schnellzemente in Wirkung und Funktion gleichgestellt werden?
1. Zusatzmittel/Trocknungsbeschleuniger
Bei Ausschreibungen für Auftragsvergaben von Estricharbeiten werden Unternehmer vermehrt angehalten, durch den Einsatz von trocknungsbeschleunigten Zusatzmittel bei Zement- und Calciumsulfatestrichen definierte Trocknungszeiten und Eigenschaften zuzusichern.
Bei diversen Herstellern von Zusatzmitteln werden von normativ geregelten Grenzwerten zur Belegreife bei Zementestrichen und Calciumsulfatestrichen abgewichen und anderweitige Grenzwerte oder Abzüge vorgegeben.
Die Versprechungen, für den Zeitraum zum Erreichen der Belegreife, verschiedener Hersteller sind zudem noch unterschiedlich. Sehr wenige Produzenten beschreiben offen, dass Trocknungszeiten unmittelbar von Klimabedingungen und Estrichdicken abhängig sind. Bei vielen wurden diese Einschränkungen im „Kleingedrucktem“ versteckt und sind bei genaueren Hinsehen gut verpackt, dennoch zu finden.
Meistens können die angegebenen Klimaforderungen mit den der Baustelle real möglichen Klimaverhältnisse nicht erfüllt werden. Für die Praxis sind solche Angaben oftmals nicht zu gebrauchen. Von manchen Herstellern werden Vorgaben an w/z Werte, die Verwendung von zuvor vom Hersteller geprüften und freigegebenen Gesteinskörnungen und Zemente, exakte Mischanweisungen etc. vorgegeben um die zugesicherte Eigenschaften zu erreichen. In vielen Fällen reduzieren Zusatzmittel das Anmachwasser und tragen zudem Luftporen in den Mörtel ein.
Das Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung Troisdorf (IBF)für hat Wirkungsweisen von „7 Trocknungsbeschleunigern“ bei Frisch- und Festmörteleigenschaften aufwendig untersucht. Das Ergebnis wurde in der Fußbodentechnik Ausgabe 3/2002 veröffentlicht.
Zitat Seite 7:
Bei den Estrichen der zweiten Versuchsreihe verdunstete ab Erreichen des Belegreife-Grenzwertes von 2 CM-% bis zum Alter von 28 Tagen noch etwa 1,2 M-% Feuchte über die Estrichoberfläche. Die überprüften Estriche hatten nach 28 Tagen in Normalklima also noch nicht ihre Ausgleichsfeuchte erreicht. 1,2 M-% entspricht etwa einem Liter Feuchtigkeit pro Quadratmeter, die ab dem Zeitpunkt der vermeintlichen Belegreife noch austrat. Eine solche Feuchtemenge in einem so kurzen Zeitraum ist nach unserer Erfahrung zumindest für feuchteempfindliche Bodenbeläge eindeutig zu hoch.
Bericht IBF Seite 11 Ergebnisse auf einen Blick:
- Herstellerangaben zur Trocknungsdauer orientieren an Laborbedingungen, die sich kaum auf die Praxis übertragen lassen
- Trocknungsbeschleuniger sorgen in erster Linie für einen niedrigeren w/z-Wert und damit für einen reduzierten Anmachwassergehalt
- Durch das Zusatzmittel werden Luftporen in den Frischmörtel eingetragen
- Der erhöhte Luftporengehalt überschreitet die für Heizestriche zulässigen Toleranzen
- Die Luftporen können die Festigkeiten des Estrichs erheblich herabsetzen
- Im Trocknungsverlauf von Zementestrichen mit und ohne Zusatzmittel zeigen sich prinzipiell keine Unterschiede
- Die Trocknungsbeschleunigung ergibt sich ausschließlich aus dem reduzierten Anfangswassergehalt
- Estriche mit Trocknungsbeschleuniger können nach scheinbarem Erreichen der Belegreife noch große Feuchtemengen abgeben
- Die von den Herstellern empfohlene CM-Prüfung nach der „1-Minute-Methode“ liefert keine sicheren Ergebnisse
- Produkte und Verarbeitungshinweise bergen viele Unsicherheitsfaktoren und mögliche Fehlerquellen Quelle IBF Troisdorf
Bitte beachten:
Estriche, erstellt mit trocknungsbeschleunigten Zusatzmitteln, die von den normativen Angaben abweichen sind Sonderkonstruktionen!
Bei Estrichen mit beschleunigenden Zusatzmitteln sind Grenzwerte für die Belegreife und die Messmethode vom Bauherrn/Planer dem Bodenleger frühzeitig rechtsverbindlich mitzuteilen, ansonsten gelten die oben genannten Grenzwerte für die CM-Messmethode nach Empfehlung der DIN 18560 Teil 1 Ausgabe November 2015.
Empfehlung an den Verarbeiter bei Verwendung von beschleunigten Zusatzmitteln mit anderslautenden Grenzwerten bzw. bei Nennung von Trocknungsfristen oder die Reduzierung der Trocknung mit Tages- oder Wochenangabe durch den Hersteller:
- Überreichen Sie bitte rechtzeitig vor Ausführung nachweislich die technischen Datenblätter des Herstellers dem Bauherrn und dem Planer. Übermitteln Sie Ihrem Auftraggeber die Information, dass dieser Estrich nicht auf Grundlage der DIN 18560 hergestellt wird, sondern eine Sonderkonstruktion ist.
- Halten Sie sich an die Herstellerangaben.
- Bitte beziehen Sie bei Verwendung von beschleunigenden Zusatzmitteln den Hersteller in allen diesen Baumaßnahmen für die Qualitätskontrolle mit ein
- Lassen Sie sich die Estrichkonsistenz, die geeignete Sieblinie Ihrer Gesteinskörnung sowie das geeignete Bindemittel, die Mischungen nach Vorgabe, die Klimadaten beim Einbau, die Estrichdicken und sonstige Forderungen der Hersteller protokollarisch bestätigen. Nur so ist sichergestellt, dass die Sonderkonstruktion nach Anweisung des Herstellers verarbeitet ist.
- Bei Sonderkonstruktionen ist die Ermittlung und Feststellung der Belegreife vom Lieferant durchzuführen und per Protokoll dem Auftragnehmer/Bauherrn schriftlich zu bestätigen.
Empfehlung an den Planer:
- Lesen Sie bitte die Datenblätter auch zwischen den Zeilen, bevor sie solche Systeme ausschreiben.
- Gibt es klimatische Obergrenzen während der Trocknung? Sind Estrichdicken begrenzt? Welche Voraussetzungen müssen für evtl. Gewährleistungen eingehalten werden, die der Planer zu erbringen hat, usw.?
- Übermitteln Sie die Daten der eingesetzten Produkte unbedingt dem Bodenleger. Am besten geben Sie mit der Leistungsbeschreibung frühzeitig den Hinweis zum vorgesehenen Produkt.
- Bei Problemen mit der Belegreife grundsätzlich den Lieferanten des Zusatzbeschleunigers mit einbeziehen.
2. ternäre Schnellzemente
Bei ternären Schnellzementbindemitteln handelt es sich um Gemische bestehend aus Portland-/Normalzement, Aluminatzement
(Tonerdeschmelzzement), Calciumsulfat und Additiven. Mit solchen Rezepturen erreicht man ein Bindemittelgemisch, das den überwiegenden Teil des Anmachwassers mit der Hydratation bindet. Übliche w/z-Werte liegen bei ca. 0,40 - 0,50. Durch die hohe Wasserbindung und des relativ niedrigen w/z-Werts und die hohe Hydratationswärme dieser Bindemittel, muss nur noch ein geringer Teil des Anmachwassers verdunsten. Ungünstige Umgebungsbedingungen und/oder hohe Estrichdicken beeinflusst daher kaum die Trocknungszeit bis zu Belegreife. Eine weitere Besonderheit dieser ternären Schnellzemente ist je nach Rezeptur die schwundarme Abbindung. Nahezu verlässliche Aussagen für das Erreichen der Belegreife (Feuchtegehalt, Festigkeit und Schwindverhalten) sind im Gegensatz zu Estriche unter Verwendung von Normzemente und unter Zumischung von Estrichzusatzmittel bzw. Zusatzmittelbeschleuniger möglich, da bei diesen Bindemitteltypen das Baustellenklima durch die wesentlich höhere Wasserbindung bei der Hydratation eher eine untergeordnete Rolle spielt. Die Wahl der Bindemitteleigenschaften sind auf die bauseitigen Anforderungen abzustimmen.
3. Fazit Beide Systeme können aus technischer Sicht nicht gleichgestellt werden.
Trocknungsbeschleunigte Zusatzmittel benötigen in der Regel Kriterien wie die Verwendung von optimal abgestimmte Sieblinien, Zemente, WZ-Werte und Klimabedingungen um die zugesicherten Eigenschaften des Herstellers zu erfüllen. Einige Trocknungsbeschleunigte Zusatzmittelhersteller geben Grenzwerte/Eigenschaften außerhalb normativen Vorgaben vor.
Zementestriche hergestellt mit ternären Bindemitteln erreichen durch die hohe Wasserbindung bei der Hydratation, auch bei den üblich ungünstigen Baustellenverhältnissen, die Belegreife in einem planbaren Zeitfenster.
Durch den meist höheren Bindemittelbedarf bei ternären Schnellzemente sowie Produktions- und Materialbedingten höheren Herstellungskosten können Estriche mit Zusatzmittelbeschleuniger und Estriche mit ternären Schnellzementbindemittel preislich nicht gleichgestellt werden.
Ein technischer Vergleich zu den Eigenschaften hinsichtlich Schwundverhalten, Trocknung etc. bei der Vergabe ist nicht möglich.
Für ternäre Schnellzemente und für Estriche mit Zusatzmittel gilt gleichermaßen:
Erhöhte Wasserzugabe, ungeeignete Gesteinskörnungen/Sieblinien, Zugluft beim Abbinden, Sonneneinstrahlung, handwerkliche Ausführungsdefizite u.v.m. beeinflussen direkt die Eigenschaften wie Estrichqualität und Trocknungszeiten