Das Herbstseminar fand, wie geplant, am Freitag den 9. Und Samstag den 10 Oktober statt. Natürlich stark geprägt durch das Corona Virus!
Am Vortag trafen sich bereits Vorstände und Beisitzer zur Sitzung im oberen Turmzimmer des Schlosses. Die vorbereiteten Hygienemaßnahmen der Akademie des Handwerkswaren waren hier sofort bemerkbar. Die Sitzabstände waren groß genug und es war Desinfektionsmittel bereitgestellt. Für gute Raumdurchlüftung sorgten die Vorstände selbst. Schwerpunktthema in der Runde waren alte und neue Merkblätter.
Insgesamt sind die vorgeschriebenen Maßnahmen im gesamten Schloss konsequent umgesetzt. So darf das historische Gebäude beispielsweise nur in einer Richtung begangen werden! Das sorgt zwar für längere Strecken, das aber soll bekanntermaßen fit halten… Auf jedem Teilnehmertisch lagen die Hygienerichtlinien zur Prävention von Covid-19-Infektionen. Wie immer pünktlich um 9:30 Uhr am Freitag begann das Seminar. Dr. Ursula Baumeister, Akademieleiterin, begrüßte die Teilnehmer. Die Anzahl war dieses Mal auf 30 Personen begrenzt. Diese Grenze wurde aber ausgereizt. Jeder Platz ist besetzt. Auch hier spürt man die Sehnsucht nach Normalität und Fortbildung. Sie wies die Seminarbesucher auf die geltenden Regeln hin und entschuldigte sich auch dafür, dass einige angemeldete Teilnehmer ausgeladen werden mussten, da sie aktuell aus Risikogebieten kommen. Die Ehrung zweier Mitglieder für langjährige Treue wurde traditionell noch vor Beginn der Referate durchgeführt. Jeweils eine Nadel wurden an Thomas Dörfler und Ulrich Ruhland vergeben. Auch die Gratulation der Seminarleiter Werner Hagemann und Steffen Witzleben an die Ehrenmitglieder erfolgte im „Coronastil“.
Für eine kleine Überraschung sorgte der euroFEN noch zu Beginn. Es gab für jeden Anwesenden eine eigens entworfenen Mund-Nasenschutz. So wird die Not zur Tugend.
Dipl.-Ing. Mario Sommer, Leiter der Anwendungstechnik/Prokurist Sopro GmbH, Wiesbaden, eröffnete die Fachbeiträge. Er brachte das interessante Thema „nachträgliche Durchdringung in Wand und Bodenbelägen“ mit. Insbesondere für abgedichtete Flächen ist das Thema wichtig. Da die Anforderungen einer im Verbund abgedichteten Dusche oder beispielsweise eines Schwimmbads nicht vergleichbar sind, ging er auf diverse Variationen ein. In diesem Zusammenhang vertiefte er nochmals das Thema Verbundabdichtung. Er zeigte Baustellenbilder von Durchdringungen mit kuriosen Lösungen zur nachträglichen Abdichtung, um dann Lösungsansätze zu präsentieren. Hier ist die Entwicklung in vollem Gang. Im Detail ging es um Funktionsdübel in verschiedenen Variationen.
Nach der Kaffeepause wurde die Diskussion zum Vortrag nachgeholt. Die strickt nach Zeitplan einzuhaltenden Pausen mussten eingehalten werden. Nur so ist zu vermeiden, dass sich verschiedene Kurse mit den Pausen überschneiden und unnötig viele Menschen aufeinandertreffen. Oliver Kolbe, ö.b.u.v. Sachverständiger für das Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk der HWK Oldenburg machte „Feuchtigkeitsflecken auf glasierten Wandfliesen“ zum Thema. Als Praktiker hatte er mit diesem Problem schon selbst zu tun. Er ging der Sache auf den Grund. In detektivischer Kleinarbeit befragte er Hersteller, stellte die Frage eines grundsätzlichen Mangels in den Raum und führte eine Bauteilöffnung durch. Letztlich konnte eine Produktionsunregelmäßigkeit festgestellt werden.
Marcel Engels, Projektleiter Silikatkeramik, Forschungsinstitut für Anorganische Werkstoffe – Glas/Keramik-GmbH, Höhr-Grenzhausen, nahm sich von der wissenschaftlichen Seite um diesen Fall an. Er wurde via Live-Schaltung zugeschaltet, da seine Firma ein coronabedingtes Reiseverbot verhängte. Somit hatte der euroFEN dieses Mal auch eine Premiere. Es war die erste Hybrid Veranstaltung in der Geschichte des euroFEN. Zugegebener Maßen ist hier aus technischer Sicht noch Luft nach oben. Die Qualität der Tonübertragung war leider nicht gut. Ein Tontechniker der Akademie wurde zur Unterstützung umgehend herbeigerufen. Letztlich konnte der Vortrag im Saal verfolgt werden. Seine Auswertungen zeigten noch ein anderes Problem in diesem Zusammenhang auf. Durch die Durchfeuchtung kann es zu Feuchtedehnung und somit langfristig nicht nur zu optischen sondern auch zu technischen Schäden kommen.
Mit Bauphysik und Bauschadensanalyse in der praktischen Anwendung referierte vor der Mittagspause Prof. Dr. Steffen Witzleben und Werner Hagemann. Feuchte- und Wärmeschutz sind hier wichtige Faktoren. Potenziell mögliche Gefahrenbereiche wurden aufgeführt. Hygrometer und Wärmebildkamera sind sehr gute Hilfsmittel zur Feststellung oder besser noch zur Vermeidung von Bauschäden. Entsprechende Strategien, wie Abdichtung oder kontrollierte Wasserführung sind präventiv zur Schadensvermeidung notwendig. Die dem Vortrag zugehörige Diskussion mit den Teilnehmern wurde nach Mittag geführt.
Zu Mittags wurden selbstredend alle Vorschriften durch die Restauration am Schloss eingehalten. Letztlich ist aber jeder selbst in der Verantwortung sich und andere zu schützen.
Peter Körber, ö.b.u.v. Sachverständiger für das Estrichlegerhandwerk, IFPK-Institut Fußbodenforschung & Prüfung, Stuttgart begann am Nachmittag. Er gab Einblicke in die Normung des Estrichs. Über eine Definition von grundlegenden Begriffen wie „Regel der Technik“ oder „Stand der Wissenschaft“ führte er die Zuhörer in Neuerungen der Normung. Relevante Normen brachte er in Verbindung und erläuterte Zusammenhänge.
Letzter Referent des Tages war Dipl.-Ing. Christian Gast, Leiter Anwendungstechnik wedi GmbH, widmete seinen Vortrag Bauelementen / Trägerelementen für Fliesen- und Natursteinbeläge. Er stellte Produkte zum modularen Bauen speziell für Bäder und Wellnessbereiche vor. Modulares Bauen ermöglicht Komplettlösungen für eine kostengünstige, da schnelle Anwendung und Verarbeitung. Viele Bereiche unserer Gesellschaft beschäftigen sich derzeit mit diesem Thema, da sie viele Vorteile bietet. Herr Gast stellte diese Vorteile nachvollziehbar dar. Aus dem Zuhörerbereich wurde jedoch die Stellung der Handwerker auf der Baustelle kritisch hinterfragt, da modulare Bauteile die Baustellensituation drastisch verändern. Es wurde stimmungsvoll und kontrovers diskutiert. Ganz im Sinne des euroFEN.
Als kurzer Ergänzungsvortrag wurde noch der „carport effekt“ eingeschoben. Jörn Dahnke, ö.b.u.v. Sachverständiger für das Fliesen-, Platten-, und Mosaiklegerhandwerk; Handwerkskammer zu Köln, erklärte ergänzend zum Thema der „Feuchtigkeitsflecken auf glasierten Wandfliesen“ von Oliver Kolbe die Zusammenhänge des carport effekts und der Fliesenverfärbung. Hier ging es um kapillare Einlagerungen in Abhängigkeit von Temperaturunterschieden. Zum geselligen Abend, unter Einhaltung der Hygienevorschriften, traf man sich etwas später in der „Freiheit 24“. Das Lokal vor Ort überzeugt durch eine gute Auswahl auf der Speisekarte und eine hervorragende Qualität. Eigentlich findet der, auch Netzwerkabend genannte, Ausklang des ersten Tages in der Zunftstube des Schlosses statt. Da dieser Raum jedoch nicht die geeignete Größe hat um alle Teilnehmer unter gegebenen Anforderungen zu beherbergen, wich man in die „Freiheit“ aus.
Samstag, 10 Oktober, 9 Uhr. Werner Hagemann erläutert die Vereinsarbeit an den Merkblättern und berichtete über die Arbeitskreise. Es wurde unter anderem das neue Outfit der Merkblätter vorgestellt. Aus dem Arbeitskreis „Junge Betonuntergründe“ berichtet der Obmann dieses Arbeitskreises Steffen Witzleben. Die kritischen Sachverständigen konterten sofort mit Bedenken. Es entstand schon zur frühen Morgenstunde ein reger Austausch. Werner Hagemann wirkte beruhigend ein:“ Es handelt sich noch um einen Entwurf!“ Auch um Mitarbeit und Informationsfluss zum Thema Monokornmörtel wurde gebeten. Hier ist ein Merkblatt in Planung. Auch die Vermittlung der Inhalte und die Nutzung der Webseite waren spontaner Programpunkt. Da sich hier seit einem Jahr viel tut ist noch nicht jeder auf dem Laufenden…. Unter der Rubrik „DER FALL“ (traditionell werden hier Fälle aus der Praxis vorgestellt, diese werden unter Berücksichtigung der juristischen Aspekte im Seminar diskutiert) stellte Werner Hagemann die Ausführung einer Naturwerksteinfassade auf Wärmedämmung mit modularen Steinformaten. Ein interessanter Fall der viele Fragen aufwarf.
Reiner Reichelt nahm sich den Status von Sonderkonstruktionen vor. Über aufschlussreiche Schadensbilder und den Normenstatus kam er zu rechtlichen Aspekten. Hier kam ihm der Anwalt Mathias Steinbild, Syndikusrechtsanwalt Sachverständigenwesen HWK Ostwestfahlen-Lippe zu Bielefeld.
Anwalt Mathias Steinbild Herr Mathias Steinbild stieg gleich motiviert in das Thema ein und begann seinen Vortrag kurz darauf. Wie immer zu Ende des Seminars erfuhr man „Neues aus der Rechtsprechung“. Sein Thema war die Bedeutung des Mangelbegriffs. Eindringlich wurde auch der Sinn der allg. anerkannten Regeln der Technik erläutert. Als schillernd bezeichnete Steinbild den Begriff. Der Hintergrund ist mitunter, dass die Bedeutung der aaRdT. nicht zu 100 Prozent greifbar ist.
Abschließend kann ein durchaus positives Resümee gezogen werden. Die Stimmung und die Vorträge waren sehr gut. Die Hygieneregeln wurden eingehalten. Nun bleibt zu hoffen, dass sich die Infektionszahlen nicht weiter erhöhen und das zweite Herbstseminar stattfinden kann!
Bleibt gesund!
Euer euroFEN
Text/Foto: Thomas Wilder